Der lautlose Angriff: Wie China unseren Alltag unterwandert

Nachfolgend lesen Sie den Einleitungsartikel zu unserer Großausgabe 65: Chinas globaler Vormarsch auf Samtpfoten

Kriege werden heute nicht mehr ausschließlich mit Panzern und Raketen geführt. Während sich die Bürger (und auch viele Politiker) des Westens in der Sicherheit einer vermeintlichen Partnerschaft wiegen, ist ein von China gegen uns geführter Krieg in vollem Gange - ein Krieg, der nicht auf herkömmlichen Schlachtfeldern entschieden wird, sondern in der Diplomatie, den Märkten, den Medien und den Köpfen der Menschen (Ausgaben 31,60). Wovon die Gesellschaft der «freien Welt» unbemerkt beeinflusst wird, ist eine Strategie, die auf Täuschung, Ablenkung und schleichender Unterwanderung beruht, ganz nach den Lehren des chinesischen Staatsphilosophen Sun Tsu (siehe S.11 ff.). Dieser in China hochverehrte Weise lehrte vor über 2500 Jahren, dass der klügste Feldherr nicht den offenen Kampf sucht, sondern seinen Gegner von innen heraus schwächt, ihn ablenkt, manipuliert und schließlich in eine Position manövriert, in der Widerstand zwecklos ist und der Kampf mit richtigen Waffen, wenn überhaupt, nur noch den Hammer darstellt, der den Sargnagel einschlägt. China hat diese Weisheiten perfektioniert und auf das 21. Jahrhundert übertragen. Statt militärischer Invasionen setzt die Volksrepublik (bisher) auf wirtschaftliche Abhängigkeiten, technologische Kontrolle und gezielte psychologische Einflussnahme. Die westliche Welt wird systematisch in eine Falle gelockt - und begreift es nicht einmal.

Sanfte Zensur 

Mit strategischer Geduld dringt z.B. Tencent schrittweise in westliche Märkte ein, um langfristig Kontrolle über digitale Inhalte und Informationsströme zu gewinnen. Tencent ist einer der führenden Tech-Giganten Chinas und zählt eine schier endlose Palette an digitalen Plattformen zu seinem Portfolio. Das Unternehmen dominiert nicht nur den chinesischen Markt mit Apps wie WeChat (ein Ökosystem aus Messaging, Social Media und digitalem Bezahlen), sondern expandiert zunehmend in den Westen. Der Digital-Riese ist an vielen westlichen Videospiel-Firmen beteiligt - von Riot Games (League of Legends) bis Epic Games (Fortnite) - und bestimmt so auch mit, welche Inhalte weltweit verbreitet werden. Die Strategie dahinter? Sanfte Zensur. China hat längst bewiesen, dass es über Tencent und ähnliche Unternehmen kritische Inhalte verschwinden lassen kann. Was der Kommunistischen Partei nicht passt, kann mittlerweile sogar aus den digitalen Räumen der «freien Welt» entfernt werden (siehe S.41 ff.). Es handelt sich um einen schleichenden Prozess, bei dem die Meinungs- und Gedankenfreiheit im Westen nicht durch ein offizielles Gesetz, sondern durch finanzielle Kontrolle untergraben wird.

Wissen ist Macht 

Sun Tsu schrieb in «Die Kunst des Krieges»: «Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.» (1) Die moderne Übersetzung lautet: Daten sind die neue Waffe. Nicht umsonst sammelt das Reich der Mitte Informationen über westliche Bürger, Unternehmen und Regierungen in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. So ist der Mobilfunk-Riese Huawei mehr als nur ein Smartphone-Hersteller; er ist der weltweit führende Anbieter von Telekommunikationsinfrastruktur, der Netzwerke aufbaut, die potenziell für Spionage und Sabotage genutzt werden können. Regierungen weltweit haben Bedenken geäußert, dass Huawei 5G-Mobilfunknetze nutzt, um China direkten Zugriff auf Kommunikationssysteme zu verschaffen. In den USA und Europa wurden Huawei-Produkte bereits aus sicherheitsrelevanten Bereichen verbannt, doch viele Länder sind aufgrund der günstigen Preise weiter abhängig. Und genau das ist Chinas schärfste hybride Waffe: Sun Tsu lehrte, dass der klügste General den Gegner in eine unumkehrbare Abhängigkeit führen muss.
Mit DeepSeek hat China eine weitere Datenkrake im Westen installiert: Jede Suchanfrage, jede Texteingabe und jede Interaktion mit DeepSeek liefert wertvolle Daten, die Chinas KI-Systeme trainieren und optimieren. Während westliche Nutzer nichtsahnend nach Informationen suchen, sammelt und analysiert DeepSeek ihre Vorlieben, Denkweisen und Verhaltensmuster - ein unsichtbarer Datenabfluss direkt in die Hände der chinesischen Technologiemacht. Der Westen debattiert noch darüber, welche ethischen Grenzen für KI gelten sollten, doch dies spielt im gleichgeschalteten China keine Rolle. Alle von DeepSeek gesammelten Daten fließen letztlich in die Hände der Kommunistischen Partei, die sie für Überwachung, Kontrolle und strategische Einflussnahme nutzt.
Umfassende Nutzerinformationen sammelt auch TikTok, eine der am häufigsten heruntergeladenen Apps der Welt. TikTok gehört ByteDance, einem chinesischen Unternehmen mit engen Verbindungen zur Kommunistischen Partei, und beeinflusst hunderte Millionen Kinder und Jugendliche weltweit. In China selbst wird eine reguliertere Version von TikTok (Douyin) genutzt, die z.B. den Zugang von jungen Nutzern beschränkt. In den westlichen Ländern fördert der Algorithmus teilweise destruktive Inhalte - von gefährlichen Mutproben bis hin zur Verherrlichung von Selbstmord. Unsere jungen Generationen werden akut bedroht - nicht durch klassische Waffen, sondern durch subtile Einflussnahme auf ihr Denken und Verhalten.

Marktverdrängung 

Obwohl der Westen China weiterhin als «Handelspartner» betrachtet, hat die kommunistische Diktatur längst die Werkzeuge in Stellung gebracht, um die wirtschaftliche, technologische und kulturelle Vorherrschaft zu übernehmen. Und wer glaubt, dass er davon nicht betroffen ist, hat bereits die erste Schlacht verloren. Die westlichen Volkswirtschaften, einst unangefochtene Giganten, werden nun von chinesischen Megakonzernen unter Druck gesetzt, die mit Dumpingpreisen ganze Industrien zerstören. Temu und Shein sind nur zwei Beispiele für diese Strategie: Sie überfluten den Markt mit Billigwaren, mit denen westliche Produzenten nicht konkurrieren können - und das tun sie keineswegs mit fairen marktwirtschaftlichen Methoden. Was wie eine harmlose Möglichkeit für Verbraucher aussieht, günstig einzukaufen, ist in Wahrheit ein gezielter Angriff auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit der «Ersten Welt». Sun Tsu lehrte bereits, dass man die Basis der feindlichen Stärke untergraben muss. Wenn hiesige Unternehmen Pleite gehen, wenn Produktionskapazitäten abgebaut und Arbeitsplätze vernichtet werden, gewinnt China an Macht. Wer die Produktion kontrolliert, kontrolliert die Märkte. Und wer die Märkte kontrolliert, kontrolliert letztendlich die Nationen. Die Neue Seidenstraße ist ein weiteres Beispiel für diese Strategie: Sie bindet Länder wirtschaftlich an China und schafft Abhängigkeiten, die langfristig dazu führen, dass Peking Bedingungen diktieren kann.
Das vorliegende Themenheft wird auf den kommenden Seiten aufzeigen, wie China einen stillen Angriff auf das Abendland durchführt - nicht mit Panzern, sondern mit Wirtschaftsbeziehungen, Technologie und psychologischer Manipulation. Jeder Einkauf, jede App-Nutzung, jede digitale Entscheidung kann Teil eines größeren Schachspiels sein - mit ernsthaften realen Folgen. China hat den Krieg offensichtlich längst begonnen. Die Frage ist: Haben wir den Willen, den Angriff zu erkennen und uns gegen ihn zu stellen?

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